[Rezi] Rüdiger Frank – Unterwegs in Nordkorea: Eine Gratwanderung
Klappentext
Die Entfernung zu uns ist nicht nur in Kilometern zu messen. Nordkorea ist ein diktatorisches System, das vor markigen Drohungen an den Rest der Welt und auch vor der Verhaftung von Touristen nicht zurückschreckt. Wenn überhaupt, dann sollte man keineswegs ohne gründliche Vorbereitung dorthin fahren. Doch wenn man sich dafür entscheidet, dann zeigt sich dem Besucher ein verwirrend vielfältiges und oft widersprüchliches Bild. Reisende bekommen trotz der überall vorherrschenden Zensur in Nordkorea viel gezeigt, doch vieles übersehen sie dabei.
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Zitat
„All jene, die es mit ihrem Gewissen nicht vereinbaren können, das Mausoleum zu besuchen, können sich einfach weigern oder den diplomatischen Weg wählen und über ein plötzlich auftretendes Unwohlsein klagen […] Die Guides werden das akzeptieren. Doch auch hier empfehle ich, sich besser vor der Buchung einer Nordkorea-Reise entsprechende Gedanken zu machen. Man muss die Gastgeber ja nicht lieben; es ist aber auch unnötig, sie gezielt zu beleidigen.“ – Kapitel 8, Seite 238.
Meine Meinung
Bereits vor zwei Jahren habe ich Yeonmi Parks „Mut zur Freiheit – Meine Flucht aus Nordkorea“ gelesen und war sofort gefesselt von der Thematik und dem Blick hinter die Kulissen dieses totalitären Regimes. Als ich auf der Leipziger Buchmesse dann „Unterwegs in Nordkorea – Eine Gradwanderung“ sah, war ich sofort interessiert.
Im Gegensatz zu den meisten anderen Büchern über Nordkorea handelt es sich hier nicht um eine (innen)politische Abhandlung oder einen Fluchtbericht, sondern um eine Art Reiseführer. Wobei das Wort Reiseführer mit Vorsicht zu genießen ist, denn allein darf man sowieso nichts erkunden.
Rüdiger Frank vermittelt in der ersten Hälfte des Buches einen äußerst anschaulichen Eindruck dessen, was einen vor und während einer Reise nach Nordkorea als Tourist so erwartet. Man sollte alles was man vorher gelesen oder gehört hat, erstmal beiseite schieben, denn es wird einen so einiges überraschen. Neben praktischen Tipps und Tipps, die der eigenen Sicherheit dienen, beschreibt nämlich Frank zugleich auch seine Eindrücke und Erfahrungen der letzten 30 Jahre. Wer nicht vorhat selbst nach Nordkorea zu reisen, aber dennoch neugierig ist, dem wird der erste Teil sehr gut gefallen.
Die zweite Hälfte des Buches handelt von den Sehenswürdigkeiten in Ost- und West-Pjönjang sowie den einzelnen Gebieten des Landes. Diese Berichte werden, wenn man nicht selbst dort hinreist, allerdings schnell etwas langweilig, da sie teilweise in der Struktur repetativ sind. Lediglich kleinere Annekdoten lockeren dies auf. Anzumerken an dieser Stelle ist übrigens, dass sowohl vorne als auch hinten im Buch jeweils eine Karte von Pjöngjang beziehungsweise ganz Nordkorea abgedruckt ist, was die Orientierung leichter macht, wenn man nicht mit der Geographie Nordkoreas vertraut ist.
Für den wirklichen Nordkorea-Reisenden ist dieser zweite Teil des Buches allerdings wahrscheinlich umso interessanter, gibt Frank hier doch Hintergrundwissen preis, die einen die Sehenswürdigkeiten in ihrem vollen Licht sehen lassen können. Auch erwähnt er wie wahrscheinlich es ist, dass man diese sehen wird und inwiefern man mit den Guides über Programmpunkte verhandeln kann (oder wie man geschickt aus diesen herauskommt, wenn man nicht daran teilnehmen möchte).
Abgerundet wird das Buch mit einem Kapitel über die Ausreise und was einen dort erwartet, sowie einer minimalen abschließende Reflektion über die mögliche Kritik an einer Nordkoreareise, was bereits im Vorwort angesprochen wurde. Ich fand dieses Kapitel etwas kurz, aber vermutlich passiert hier wirklich nicht mehr viel, was noch erwähnenswert wäre.
Abschließend möchte ich noch den wunderbaren Schreibstil von Rüdiger Frank würdigen. Ich hatte oftmals das Gefühl als würde er direkt vor mir sitzen und seine Erfahrungen mir berichten. In dieser Art klebte ich förmlich an seinen Lippen beziehungsweise an den Seiten. Insgesamt ist der Ton zwar professionell, aber locker und hier und da kann man auch ein kleines Augenzwinkern herauslesen.
Fazit
Mit „Unterwegs in Nordkorea – Eine Gradwanderung“ gibt Rüdiger Frank allen Nordkoreareisenden wertvolle Tipps und nimmt zugleich alle Daheimgebliebenen mit auf eine Rundreise durch Kultur und Reisewirklichkeit Nordkoreas.
Wertung
Einen herzlichen Dank an den DVA Verlag für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars.
4 Kommentare
Julia
Hallo,
Nordkorea finde ich auch interessant, gerade auch in Hinblick auf die touristische Seite. Ich selbst kann mir zwar nicht vorstellen, dort hinzureisen, finde es aber interessant darüber zu lesen. Von diesem Buch habe ich noch nichts gehört, werde mir den Titel aber mal merken. Also danke fürs vorstellen.
Liebe Grüße
Julia
#litnetzwerk
MissDatherinePierce
Hallo Julia,
ich kann es mir auch nicht vorstellen dort hinzureisen, aber genau dafür ist das Buch wirklich ideal. Kann es nur wärmstens empfehlen.
Liebe Grüße
Sarah
Sabrina | Lesefreude
Hallo Sarah!
Ich liebe ja sowieso Reiseziele, die mich in eine ganz andere Welt stürzen. Andere Kulturen kennen zu lernen erweitert den eigenen Horizont ungemein. Nordkorea zu sehen, wäre bestimmt spannend. Ob ich es wirklich wagen würde dort hinzureisen, kann ich nicht sagen. Vielleicht hilft mir das Buch ja dabei diese Frage für mich zu beantworten.
Liebe Grüße
Sabrina
#litnetzwerk
MissDatherinePierce
Hallo Sabrina,
nach dem Lesen des Buchs klingt es auf jeden Fall nicht mehr so unheimlich, aber vielleicht auch, weil alle Horrovisionen, die ich hätte, widerlegt beziehungsweise berichtigt wurden. Es ist kein Zuckerschlecken, aber auch keine Reise nach Guantanamo. Ich glaube, ich würde dort immer noch nicht hinreisen, aber das Buch bietet definitiv einen spannenden Einblick, was einen erwarten würde.
Liebe Grüße
Sarah